CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und Klimagesetz
- Goldstein Carbon
- 23. Mai
- 3 Min. Lesezeit
Der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) der EU, gültig ab 2026, markiert eine neue Ära für Exportländer in CO₂-intensiven Branchen. Die Türkei, der sechstgrößte Handelspartner der EU, ist direkt betroffen.
Die Begegnung der Türkei mit CBAM steht für eine mehrschichtige Transformation, die durch umweltpolitische, wirtschaftliche, handelsbezogene und geopolitische Aspekte geprägt ist. Ab 2026 erhebt die EU einen CO₂-Preis auf Importe aus emissionsintensiven Sektoren (Zement, Stahl, Aluminium, Dünger, Strom), um Carbon Leakage zu verhindern, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu sichern und globales Carbon Pricing zu fördern.

Laut einem Bericht der EBRD könnten die CBAM-Kosten für die türkische Industrie 2027 bei einer Gebühr von 75 €/tCO₂e 138 Mio. Euro jährlich betragen, bis 2032 auf 2,5 Mrd. Euro pro Jahr steigen (150 €/tCO₂e).
Was kann zur Vermeidung dieses Szenarios getan werden?
Durch Einführung eines nationalen CO₂-Bepreisungssystems könnten diese Kosten erheblich reduziert werden. Beispielsweise könnten bei einer nationalen CO₂-Bepreisung von 20 €/tCO₂e die jährlichen CBAM-Kosten für die Türkei 2027 auf etwa 56 Millionen Euro gesenkt werden.

Die Grafik zeigt die sektorale Verteilung der prognostizierten CBAM-Kosten. Die Zement- und Eisen-Stahl-Sektoren tragen sowohl im Szenario 75 €/tCO₂e als auch im Szenario 150 €/tCO₂e die höchsten Kosten. Besonders im 150 €/tCO₂e-Szenario summieren sich die Gesamtkosten für diese beiden Sektoren auf ca. 1,6 Milliarden Euro.
Wird hingegen ein nationales ETS-System eingeführt (zum Beispiel 50 €/tCO₂e), sinken die CBAM-Kosten signifikant. Dies zeigt, dass eine lokale CO₂-Bepreisung ein wirksames Mittel zum Schutz der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der Türkei sein kann.

Die obige Tabelle vergleicht verschiedene politische Maßnahmen, die die Türkei zur Reduktion ihrer CBAM-Kosten anwenden könnte. Das CBAM-System der EU bepreist den CO₂-Gehalt von Importprodukten, um gleiche Wettbewerbsbedingungen mit inländischer Produktion zu gewährleisten. Wie stark die Türkei von dieser Regelung betroffen sein wird, hängt von der gewählten Kohlenstoffpolitik ab:
Ein direkt mit dem EU-ETS verbundenes Emissionshandelssystem (ETS) ist die einzige Option, die vollständige CBAM-Befreiung bietet. Importierende Unternehmen müssten keine CBAM-Zertifikate kaufen.
Ein unabhängiges ETS ohne direkte Verbindung zur EU erlaubt lediglich eine teilweise Entlastung entsprechend dem gezahlten CO₂-Preis, jedoch keine vollständige Befreiung.
Alternative Maßnahmen (z.B. Energieeffizienzstandards) helfen zwar bei der Emissionsreduktion, senken jedoch nicht unmittelbar die CBAM-Kosten.
Eine Integration der Strommärkte der Türkei und der EU könnte, sofern die Türkei klimaneutrale und erneuerbare Energieziele erfüllt, eine CBAM-Befreiung für Stromimporte ermöglichen.
Ein unterstützender politischer Rahmen könnte die CO₂-Bepreisung effektiver gestalten und Dekarbonisierung beschleunigen, jedoch CBAM-Kosten nicht direkt senken.
Ist die Türkei bereit für eine CO₂-Bepreisung?
Die Türkei hat im Zeitraum 2013–2020 im Rahmen des PMR-Programms der Weltbank die grundlegende Infrastruktur für eine CO₂-Bepreisung weitgehend geschaffen. Systeme zur Überwachung, Berichterstattung und Verifizierung (MRV) sowie eine vorläufige ETS-Verordnung liegen bereits vor. Die Einrichtung eines nationalen ETS könnte die CBAM-Kosten der Türkei senken, CO₂-arme Produktion unterstützen und zusätzliche Einnahmen für Investitionen in grüne Entwicklung generieren.
Laut Modellierungsberechnungen könnte eine inländische CO₂-Bepreisung bis 2032 zusätzliche öffentliche Einnahmen von 1,5 Milliarden Euro schaffen, die für die industrielle Dekarbonisierung genutzt werden könnten. Für die Effektivität des Systems sind jedoch unterstützende Maßnahmen, die Abschaffung fossiler Brennstoffsubventionen sowie eine breite Beteiligung der Interessengruppen unerlässlich.
Zusammenfassend sollte der CBAM nicht nur als Kostenfaktor, sondern auch als strategische Chance für den Übergang der Türkei zu einer CO₂-armen Industrie verstanden werden.
Was ist das Klimagesetz? Ist es in Kraft?
Der Entwurf des ersten türkischen Klimagesetzes zielt darauf ab, den Klimaschutz rechtlich zu verankern, im Einklang mit dem Netto-Null-Emissionsziel für 2053. Es umfasst Emissionsreduktionen, Anpassungsmaßnahmen, Förderung erneuerbarer Energien sowie umweltfreundliche Produktionsmethoden. Außerdem sieht das Gesetz die Einrichtung provinzieller Koordinationsräte für Klimawandel und lokale Aktionspläne vor.
Allerdings wurde der Gesetzentwurf im türkischen Parlament vorerst zurückgezogen. Dies bietet nun eine Chance, das Gesetz umfassender und partizipativer neu zu gestalten.
Die Anpassung an den CBAM und die Umsetzung des Klimagesetzes werden nicht nur türkische Exportmärkte schützen, sondern auch den Übergang zu nachhaltiger Entwicklung entscheidend voranbringen.
Referenzen:
Diagramm 2 und Tabelle 1 stammen aus dem oben genannten Bericht.
· Beken, H. G., & Cebeci, A. (2024). Çatışmalı bir Süreç Olarak Sınırda Karbon Düzenleme Mekanizması Uygulaması. Paradigma: İktisadi Ve İdari Araştırmalar Dergisi, 13(2), 115-128.
· İmer-ertunga, E., & Seyhun, Ö. K. (2022). SINIRDA KARBON DÜZENLEME MEKANİZMASI VE TÜRKIYE’NİN İHRACATINA OLASI ETKİLERİ. Ege Stratejik Araştırmalar Dergisi, 13(1), 1-13. https://doi.org/10.18354/esam.1119230
· Saraçoğlu, F., & Kutlu, M. (2025). Sınırda Karbon Düzenleme Mekanizması ve Türkiye’ye Olası Etkileri. Ankara Hacı Bayram Veli Üniversitesi İktisadi Ve İdari Bilimler Fakültesi Dergisi, 27(1), 1-26. https://doi.org/10.26745/ahbvuibfd.1593438
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